
Zwei Bucheinbände aus dem Jugendleistungswettbewerb für angehende Buchbinderinnen und Buchbinder
7. April 2025Ausstellung "Die schöne Hülle" noch bis zum 24. April im Foyer der Handwerkskammer
Das Buchbindehandwerk zu Gast in Düsseldorf
Im Buchbindehandwerk hat die Ausbildung des Nachwuchses einen hohen Stellenwert – sichtbar wird dies auch in der Ausstellung des kleinen, aber feinen Gewerks, die in der Handwerkskammer Düsseldorf noch bis zum 24. April 2025 zu sehen ist: „Die schöne Hülle" – 100 Bucheinbände aus internationalen Wettbewerben“
Klar gegliedert in vier unterschiedliche Bereiche, macht gleich die erste Station auf eine erstaunliche Initiative für Azubis aus Deutschland, Österreich und der Schweiz aufmerksam, die ihren Ursprung in der Corona-Zeit nahm und bis heute den angehenden Buchbinderinnen und Buchbindern intensive Praxiserfahrung ermöglicht. Erdacht wurde dieses erfolgreiche Modell durch Buchbindermeister Markus Janssens (Stadtarchiv Neuss) sowie Maik Beckmann, den Vorsitzenden des BDBI, durchgeführt wird es an den drei Standorten Neuss, München (Berufsschulzentrum) und Münster (Berufskolleg). Bewusst abseits von Betriebsalltag und Berufsschullehrplan, vermitteln die engagierten Dozenten beispielsweise besondere Bindetechniken.
Einen Anreiz, ihr Können zu zeigen und sich mit den anderen Auszubildenden im 1., 2. oder 3. Lehrjahr zu messen, bietet der „Internationale Bucheinbandwettbewerb für Auszubildende“, dessen Ergebnisse aus der 23. Auflage in der Ausstellung gleich 7 Vitrinen eindrucksvoll füllen. Der Jugendleistungswettbewerb wurde vor mehr als 30 Jahren ins Leben gerufen und richtet sich ebenfalls an Teilnehmende aus dem deutschsprachigen In- und Ausland. Der Schwerpunkt liegt auf der Technik: Die Auszubildenden bekommen jeweils die gleiche Anzahl Rohbögen, und sind völlig frei in der Umsetzung. Ergebnis: Kein Buch(einband) gleicht dem anderen. Zu einer anhaltenden Popularität tragen heute übrigens auch die Social Media-Kanäle bei, über die die junge Community sich austauscht.
Die „Meister der Einbandkunst“ wiederum machen mit ihren rund 20 Exponaten ihrem Namen alle Ehre. Auch dieser traditionsreiche, aber sehr lebendige Verein, ist aktiv, wenn es um die Rekrutierung des Nachwuchses geht. Talentierte junge Buchbinderinnen und Buchbinder werden angesprochen, um das Ziel der bereits vor 101 Jahren gegründeten internationalen Vereinigung hochzuhalten: das gut gestaltete Buch zu fördern. Die Unikateinbände, allesamt mit aufwändigen Techniken von Intarsien bis zu sichtbaren Heftungen und edler Handvergoldung, unterschiedlichen Materialien vom Karawanenziegenleder über Japanpapiere bis zum Pergament gefertigt, sprechen für sich. Außerdem wird auch ein aktuelles, ganz besonderes Projekt vorgestellt. Papiermacher, Handdrucker und Buchbinder schufen bzw. gestalteten aus 2.000 handgeschöpften und -bedruckten Bögen komplett in Handarbeit entstandene Sonderbände anlässlich des 111. Todesjahrs des Dichters Christian Morgenstern. Der Verkauf der Liebhaberobjekte aus dem sogenannten „Morgenstern-Projekt“ läuft bereits erfolgreich an.
Ausstellungseröffnung mit Preisverleihung
Ein weiterer Wettbewerb – der „Hardcover Award“ – ist mit Beispielen aus den Jahren 2024 und 2025 in der Ausstellung vertreten. Die diesjährigen Preisträger wurden darüber hinaus bei der Ausstellungseröffnung frisch gekürt. Vor über 10 Jahren wurde der Preis durch die Firma Schmedt aus Hamburg zum 1. Mal vergeben, mit dem Ziel das Buchbindehandwerk und damit die Leistung „hinter“ der Produktion von Druckerzeugnissen sichtbarer zu machen. Prämiert wird das innovative, buchbinderische Produkt, Kriterien für die Beurteilung sind Gestaltung, Funktionalität und Verarbeitung. Das Besondere: Es dürfen nur im Kundenauftrag erstellte Produkte eingereicht werden. Auch hier staunt der Betrachter über die Vielfalt an Ideen und Materialien – ob edle Box für Yves Saint Laurent oder flexibles No Waste-Notizbuch.
Ergänzt werden die vier Hauptbereiche der Ausstellung durch Exponate beispielsweise des Buchbindermuseums Mainz, darunter das Faksimile einer amerikanischen Gutenberg-Bibel, aber auch Buchbinder-Werkzeug, Presse und Heftlade, die das Handwerk anschaulich machen. Gut sichtbar wird in der gesamten Ausstellung, was auch HWK-Präsident Andreas Ehlert bei der Eröffnung betonte: „Es sind die Gewerke wie das Buchbindehandwerk, die einen wesentlichen Teil der kulturellen und handwerklichen Traditionen bewahren.“ Nicht umsonst gehört es seit 2021 zum Immateriellen Kulturerbe.
Die Ausstellung ging Anfang April anlässlich der 135. Jahrestagung des BDBI (Bund Deutscher Buchbinder e.V.) in Neuss und Düsseldorf an den Start. Ein Highlight des umfangreichen Programms aus Gremiensitzungen, Werkstattbesuchen und Fachvorträgen für Mitglieder, Workshops speziell für Auszubildende sowie einer kleinen Fachmesse von Fördermitgliedern war eine lebhafte Podiumsveranstaltung, bei der Praktikerinnen und Experten zu Wort kamen. Es moderierte Christine Merkel-Köppchen, selbst Betriebsinhaberin und Vizepräsidentin der HWK Rheinhessen.
Podiumsdiskussion mit ZDH-Präsident Jörg Dittrich
Unter der Überschrift „Fachkräfte gewinnen – Betriebsnachfolge sichern“ wurde besonders die weibliche Sicht auf das Thema beleuchtet. Denn gerade die „schönen“ Berufe des gestaltenden Handwerks werden überwiegend von Frauen ausgeübt. Zwei junge Buchbindermeisterinnen berichteten aus eigener Erfahrung, was es heißt, in den Familienbetrieb einzusteigen (Katrin Böttcher, Leverkusen) oder mit einer Geschäftspartnerin ein neues Unternehmen zu gründen (Anna Bonorden, Pirma) und dabei Mutterschaft, Familie und Beruf zu stemmen. Tatjana Lanvermann, langjährige Bundesvorsitzende der Unternehmerfrauen im Handwerk, reklamierte bessere Absicherungen etwa beim Mutterschutz auch für selbstständige Frauen, wie es „für alle Mütter" im Grundgesetz festgeschrieben sei. Und ZDH-Präsident Jörg Dittrich forderte politische Rahmenbedingungen, unter denen „es noch attraktiv sei, einen Betrieb zu gründen“. Aber bei allem Mut und allen Herausforderungen, die für einen solchen Schritt erforderlich sind, wurde auch überdeutlich: Ein selbst bestimmtes Leben und Arbeiten anzustreben, nennt man es nun Leidenschaft oder Unternehmerinnen-Gen, lohnt sich! In allen Schilderungen über den persönlichen Werdegang – von der Auszubildenden bis zum ZDH-Präsidenten – war viel Zutrauen, Neugier, Selbstbewusstsein und Optimismus zu spüren. Bei der Übernahme bzw. Übergabe der realistischen Einschätzung des Unternehmenswertes eine wichtige Bedeutung zuzumessen, dafür warb sowohl Rechtsanwalt Dr. Johannes Delheid (BDBI) als auch die Leiterin der Betriebsberatung der Handwerkskammer, Kristina Pelz. Sie empfiehlt Betriebsinhabern, sich frühzeitig – „das heißt mit etwa 55 Jahren“ – Gedanken über die Nachfolge zu machen. Die Handwerkskammern bieten dazu einen umfassenden Service für ihre Mitgliedsbetriebe und potentielle Nachfolgende an.